Seit 1998 besteht das queere Jugendzentrum anyway in Köln. Die Corona-Pandemie traf die größte Einrichtung Europas dieser Art hart. So fehlten rund 31.500€, die das anyway in Folge der Schutzmaßnahmen nicht an Eigenmittel erwirtschaften konnte. Durch eine von breiten Teilen der Community getragenen Spendenaktion wurde diese Finanzlücke aufgefangen. Die Situation des Jugendzentrums anyway macht jedoch deutlich, wie anfällig queere Community-Strukturen insbesondere in der Pandemie sind. Diese Strukturen leisten wichtige Arbeit. Sie und die queere Jugendarbeit müssen nachhaltig gestärkt werden.
Hierzu erklärt der Landesvorsitzende der NRWSPDqueer, Fabian Spies:
Als NRWSPDqueer freuen wir uns natürlich sehr, dass durch die Solidarität der Community, die Finanzlücke des queeren Jugendzentrums anyway geschlossen werden konnte.
Ein Blick auf die Arbeit des anyway macht deutlich, dass dieses auch nach der Pandemie weiter gestärkt werden muss. Angefangen als schwul-lesbisches Jugendangebot gibt es das anyway nun seit über 20 Jahren. Dabei hat sich mittlerweile die Zielgruppe stark vergrößert: LSBTIQ*-Jugendliche, Geflüchtete, Jugendliche mit Migrationsgeschichte etc. Aber auch die Anzahl der Angebote und Projekte ist angewachsen. Damit verbunden ist auch ein gestiegener Verwaltungsaufwand. Mittelfristig bedarf es hier unser Auffassung daher einer besseren personellen Förderung der Geschäftsführung und Verwaltung.
Dies gilt jedoch nicht nur für das anyway. Die Corona-Pandemie zeigt, wie fragil queere Strukturen sind: Beratungsangebote für LSBTIQ* können nicht oder nur eingeschränkt stattfinden. Vereine und Verbände, die von öffentlichen Mitteln abhängen, geraten unter Druck. Safe Spaces wie Bars, Clubs oder Saunen droht das aus. Hier droht ein nie dagewesener Kahlschlag der queeren Infrastruktur, der auf Dauer nicht durch Spenden aus der Community aufgefangen werden kann und unbedingt verhindert werden muss.
Es braucht daher unmittelbare Maßnahmen zum Erhalt queerer Strukturen, aber auch langfristiger politischer Entscheidungen, um die Krisenfestigkeit der queeren Infrastruktur zu sichern. Nach der Pandemie dürfen diese nicht dem Rotstift zum Opfer fallen, sondern müssen nachhaltig gestärkt werden.
Der stellvertretende Landesvorsitzende der und jugendpolitischer Sprecher der NRWSPDqueer, Sascha Roncevic, ergänzt:
Jugendliche leiden unter der Pandemie. Dennoch werden ihre Bedürfnisse kaum berücksichtigt. Dies gilt im besonderen Maße für queere Jugendliche. Umso wichtiger ist es, die queere Jugendarbeit weiter zu stärken. Egal ob, ehrenamtlicher Jugendtreff oder hauptamtliches Jugendzentrum – diese Angebote leisten nicht nur unersetzliche Aufklärungs- und sozial-pädagogische Arbeit, sondern sind auch oft auch die einzige Lobby queerer Jugendlicher.
Während bei jeder Lockerung der Infektionsschutzmaßnahmen immer wieder kalkulierte Risiken in bestimmten Gesellschaftsbereichen eingegangen werden, wird der Fokus bei Jugendlichen von der Landesregierung nur auf die Schule gelegt. Dies spiegelt jedoch nicht alleine die Lebenswirklichkeit von jungen Menschen wider. Gerade für junge LSBTIQ* kann die Schule ein Ort von Ausgrenzung und Gewalterfahrung sein. Daher müssen Freiräume für junge Menschen im Allgemeinen und „Safe Space“-Angebote für junge LSBTIQ* im Speziellen in diesem Zusammenhang stärker priorisiert werden Aber auch nach der Pandemie gilt es queere Jugendarbeit krisensicher zumachen. Zahlreiche Mittel müssen jährlich erneut als Förderung beantragt werden, obwohl sie seit Jahren etabliert sind. Dabei gehören sie als Rückgrat der LSBTIQ* Jugendarbeit in die Regelförderung. Queere Jugendarbeit ist dabei ein fester Bestandteil queerer Community-Strukturen. Diese sind kein Selbstzweck, sondern ein solidarisches Netzwerk, das über Jahrzehnte gewachsen ist und LSBTIQ* Schutz und Unterstützung gewährt!