Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus: Ausgrenzung und Rechtspopulismus sichtbar entgegen treten!

Sascha Roncevic
Sascha Roncevic – Foto: Sarah Ungar

Der 27. Januar wurde im Jahr 1996 durch den damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus bestimmt. Historischer Hintergrund ist die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945. Seit nun einundzwanzig Jahren wird an diesem Tag an die Millionen ermordeten Jüdinnen und Juden erinnert. Gleichzeitig wird aber auch der anderen Opfer des Nationalsozialismus gedacht: der Euthanasieopfer, der Sinti und Roma, der Kommunist*innen, der Sozialdemokrat*innen und der Homosexuellen

Angesichts eines erstarkenden Rechtspopulismus und ‑extremismus ist dieser Gedenktag für die NRWSPDqueer (Arbeitsgemeinschaft für Akzeptanz und Gleichstellung in der NRWSPD ) mehr denn je auch eine Mahnung, für unser vielfältige Demokratie einzutreten und erkämpfte Fortschritte zu verteidigen.

Hierzu erklärt der stellvertretende Landesvorsitzende Sascha Roncevic:

Gedenken und Nachdenken über die Vergangenheit schaffen Orientierung für die Zukunft. Gerade in der heutigen Zeit scheint eine klare Orientierung wichtiger denn je. Wo Hetzer und Populisten mit Fake-News und „alternativen“ Fakten punkten und eine Sprache und Inhalte der Täter von Ausschwitz wieder salonfähig machen wollen, ist ein deutliches Dagegenhalten, umso wichtiger. Wir queeren Sozialdemokrat*innen zeigen daher klar Haltung: gegen Hetze, Menschenfeindlichkeit sowie gegen Homo-, Bi- und Trans*-Feindlichkeit. Wir stehen für eine offene und vielfältige Gesellschaft und sich setzen uns dafür ein, dass Menschen unabhängig von ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität ein selbstbestimmtes Leben führen können.

Homosexuelle Opfer des Nationalsozialismus wurden totgeschlagen und totgeschwiegen. Auch nach Ende des Hitler-Faschismus wurden Lesben und Schwule verfolgt und blieben in Folge dessen unsichtbar. Eine individuelle geschlechtliche Identität konnte in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik erst recht nicht ausgelebt werden. Dies hat sich geändert. Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*, inter* und queere Menschen sind sichtbarer. Sichtbarer zu sein, heißt mitunter auch angreifbarer zu sein. Populisten und extreme Rechte versuchen etwa auf perfide Art Homosexualität in die Nähe von Pädophile zu rücken. Trans*-Identitäten werden als „Gender-GaGa“ verspottet und als Resultat einer Verschwörung zur angeblichen Unterdrückung der Mehrheit dargestellt. Aber Sichtbarkeit bedeutet ebenfalls sich wehren zu können. Wie stellen uns sichtbar gegen Demütigungen, Anfeindungen, Verleumdungen und Ausgrenzungen. Wir stellen uns sichtbar gegen gesellschaftlich und staatlich legitimierten Rückschritt. Und wir stellen uns sichtbar gegen alle jene, die schleichend unsere Sichtbarkeit eindämmen wollen.

Terror, Erniedrigung, Folter – hierfür steht Auschwitz. Es ist ein ist ein Synonym staatlich legitimierter und durchgeführter Vernichtung. Auschwitz ist ein Extremum in der perfiden Macht- und Herrschaftsbesessenheit von Menschen über andere. Diese Begierde wurde konsequent und wider aller Menschlichkeit umgesetzt. Nazideutschland ist inzwischen Geschichte. Aber ist es diese Begierde auch? – In Schockstarre blicken wir beispielsweise nach Tschetschenien in Russland oder nach Brasilien, in denen ein faschistoider Präsident auch wegen seiner Hetze gegen homosexuelle und trans* Menschen gewählt wurde. Ebenso nehmen wir die Zustände etwa im Iran oder Uganda wahr. Es werden Homosexuelle verfolgt, verhaftet, verurteilt, getötet. Gegen sie werden eigene Gesetzte erlassen. Wir blicken hin, dann allzu oft angewidert weg und schweigen erneut, als beträfe es uns nicht. Aber wie weit sind die AfD-nahen Akteure der „Demo für alle von Putins Anti-Homogesetzgebung entfernt?. Was unterscheidet die Homo-, Bi- oder Trans*-Feindlichkeit in sozialen Medien von denen afrikanischer Bischöfe?

Vor dreiunddzwanzig Jahren forderte Roman Herzog am 27. Januar, aus Erinnerung zu lernen, um Irrwege zu vermeiden. Es liegt an uns allen, Kurs zu halten, um auf dem Weg einer menschlichen, offen und pluralen Gesellschaft zu bleiben. Wenn wir am 27. Januar der Opfer des Nationalsozialismus gedenken, so ist dies kein Gedenktag wie viele andere.