Heute den, 22. Februar 2015 gedenken wir dem herausragenden Sozialdemokraten August Bebel zu Ehren des 175. Geburtstags.
In seiner 16. Sitzung am 13. Januar 1898 debattierte der Reichstag einen von Abgeordneten der Zentrumspartei eingebrachten Gesetzentwurf „betreffend Änderungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuchs“ zum „Schutze der Sittlichkeit“, darunter Regelungen zur „Unzucht“, zur „Kuppelei“, und auch zum § 175, der seit 1871 die „widernatürliche Unzucht“ unter Strafe stellte.
August Bebel, Vorsitzender der SPD, äußerte in seinem Redebeitrag als Abgeordneter dazu … das Strafgesetzbuch ist dazu da, daß es gehalten wird, d.h., daß die Behörden, die in erster Linie über die Innehaltung … dieser Gesetze zu wachen haben, auch ihre pflichtgemäße Aufmerksamkeit darauf richten und dementsprechend handeln. Es gibt aber Bestimmungen in unserem Strafgesetzbuch, … bei denen die Behörden, obgleich ihnen aufs genaueste bekannt ist, daß diese Bestimmungen von einer erheblichen Zahl von Menschen, sowohl Männern als Frauen, systematisch verletzt werden, nur in den seltensten Fällen den Versuch machen, den Strafrichter zu Hilfe zu rufen. Ich habe hier insbesondere den Eingang der Bestimmungen des § 175 – er handelt von der widernatürlichen Unzucht – im Auge. Es wird nothwendig sein, … daß alsdann insbesondere die preußische Staatsregierung ersucht wird, ein gewisses Material, was der hiesigen Berliner Sittenpolizei zur Verfügung steht, uns vorzulegen … Mir ist aus bester Quelle bekannt, daß die hiesige Polizei die Namen von Männern, die das im § 175 mit Zuchthaus bedrohte Verbrechen begehen, nicht etwa … dem Staatsanwalt nennt, sondern die Namen der betreffenden Personen zu den übrigen Namen hinzuschreibt, die aus dem gleichen Grunde bereits in ihren Registern enthalten sind. [Hört! Hört! links.]
Die Zahl dieser Personen ist aber so groß und greift so in alle Gesellschaftskreise, von den untersten bis zu den höchsten, ein, daß, wenn hier die Polizei pflichtmäßig ihre Schuldigkeit thäte, der preußische Staat sofort gezwungen würde, allein, um das Verbrechen gegen § 175, soweit es in Berlin begangen wird, zu sühnen, zwei neue Gefängnißanstalten zu bauen. [Bewegung. Hört! Hört!] …
Ich will hinzufügen, daß wir … eine gedruckte Petition vorliegen haben, unterzeichnet… auch von meiner Person und von einer Anzahl Kollegen aus anderen Parteien, ferner aus Schriftsteller- und Gelehrtenkreisen, von Juristen …, Psycho- und Pathologen, von Sachverständigen … , die … die Meinung vertreten, daß eine Aenderung der Strafgesetzgebung auf diesem Gebiete in dem Sinne einzutreten habe, daß die Beseitigung der betreffenden Bestimmung im § 175 herbeigeführt werden müsse.
Am 22. Februar 1840 wurde August Bebel, der Mitbegründer der deutschen Sozialdemokratie, in Köln-Deutz geboren. Nach dem frühen Tod der Eltern und einer entbehrungsreichen Jugend lernte Bebel das Drechslerhandwerk. Die Wanderschaft als Geselle führte ihn nach Leipzig, wo er 1861 Mitglied im Gewerblichen Bildungsverein wurde. Auf dem Vereinstag der deutschen Arbeitervereine in Gera 1867 wurde der erst 27-Jährige zum Präsidenten des Verbands
Deutscher Arbeitervereine gewählt.
1869 gründete er mit Wilhelm Liebknecht die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP), die sich 1875 in Gotha mit dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands zusammenschloss. Während der polizeilichen Verfolgung und Unterdrückung der Partei während des „Sozialistengesetzes“ (1878 – 1890) stieg August Bebel als führendes Mitglied der legal gebliebenen SPD-Reichstagsfraktion zu einer der zentralen Persönlichkeiten der deutschen Arbeiterbewegung auf. Mehrfach selbst aus politischen Gründen zu Haftstrafen verurteilt, wurde Bebel in seiner langjährigen Tätigkeit als sozialdemokratischer Reichstagsabgeordneter und (ab 1892) einer der beiden Parteivorsitzenden der SPD zur Symbolfigur im Kampf gegen den preußisch-deutschen Klassenstaat und für die Durchsetzung politischer und sozialer Rechte der Arbeiter.
Die Vision einer humanen Gesellschaft der Zukunft und die Gleichberechtigung der Frau standen im Mittelpunkt von Bebels wohl berühmtestem Werk, „Die Frau und der Sozialismus“ (1879), das in zahlreichen Auflagen und Übersetzungen erschien. August Bebel starb am 13. August 1913 in Passug (Schweiz). VGL. FRIEDRICH-EBERT-STIFTUNG, ARCHIV DER SOZIALEN DEMOKRATIE
Recherche und Texte: Ingrid Hack MdL, Fabian Spies, Landesvorsitzender Schwusos NRW