Durch die Drohung, sich kritisch äußernde AthletInnen zu disqualifizieren, zementiert das IOC die Degradierung der Spiele in Sotschi zur reinen Show.
Anlässlich der Drohung des IOC, Athleten, die sich kritisch über das „Homopropaganda“-Gesetz Russlands äußern, von den Spielen auszuschließen, erklärt der Beauftragte der Bundestagsfraktion für die Belange von Lesben und Schwulen, Johannes Kahrs (SPD):
Das russische Gesetz gegen “Homosexuellen-Propaganda” ist eine abstoßende Verletzung der Menschenrechte. Die sogenannte „olympische Idee“ steht nicht über den Menschenrechten. Vielmehr ist der Gedanke von friedlicher Völkerverständigung unter gleichberechtigten Wettkampfteilnehmern ohne Menschenrechte gar nicht denkbar.
Es ist mittlerweile soweit, dass gezielt Jagd vor allem auf jugendliche Homosexuelle gemacht wird, um sie öffentlich zu demütigen. Der Haß in der russischen Gesellschaft gegenüber sexuellen Minderheiten wird durch das Gesetz institutionalisiert. Russische Rechtsextreme, die homosexuelle Menschen demütigen und foltern und Videos davon ins Internet stellen, werden nicht bestraft. Stattdessen kritisiert man mutige SportlerInnen, die ihre Medaillen den Schwulen und Lesben Russlands widmen oder auch nur ihre Fingernägel in den Farben des Regenbogens lackieren.
Dass solche Gesten der Solidarität und Menschlichkeit nun vom IOC ausdrücklich verboten werden, ist ungeheuerlich. Während die russische Regierung die Olympischen Spiele in Sotschi selbstverständlich politisch nutzen wird, soll das denen, um die es bei den Wettkämpfen eigentlich geht, verboten sein?
Ich appelliere noch einmal an das IOC, über eine Verlegung der Spiele von Sotschi etwa nach Vancouver nachzudenken. Auf jeden Fall muss es den Teilnehmern der Spiele gestattet sein, sich kritisch zu äußern. Sie sind nun einmal nicht nur Sportmaschinen, sondern Bürgerinnen und Bürger, die ein Recht darauf haben, ihren politischen Standpunkt zu äußern. Durch so ein Verbot wird die prinzipiell schon falsche Entscheidung für Russland jetzt auch noch zementiert und die Spiele verkommen endgültig zur Show.
Die Kontroverse sollte IOC, FIFA und anderen Großverbänden eine Lehre sein, in Zukunft solche Sportwettkämpfe nur noch an die Staaten zu vergeben, deren Gesetze in Einklang mit den Grundideen des Sports und der Menschenrechte stehen, und deren Regierungen sie nicht politisch missbrauchen. Autoritäre Regime, die von vergangener Weltmachtgröße träumen, gehören nun mal nicht dazu.