
Am letzten Wochenende fand in Berlin der Christopher Street Day (CSD) statt. Die SPD setzt sich mit ihrem Regierungsprogramm für die völlige Gleichstellung von Homosexuellen und deren Lebenspartnerschaften ein. Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hisste zum Auftakt vor dem Willy-Brandt-Haus die Regenbogenflagge.
„Hätte ich gewusst, dass Du heute lässig gekleidet daherkommst, hätte ich auch auf meine Krawatte verzichtet“, sagt Ansgar Dittmar, Bundesvorsitzender des Arbeitskreises Lesben und Schwule in der SPD (Schwusos), gut gelaunt, als Peer Steinbrück verspätet das Podium betritt. Der Kanzlerkandidat ist eben erst aus Hochwassergebieten in Sachsen-Anhalt zurückgekehrt, die er am morgen bereist hatte.
Die Stimmung zum Auftakt des CSD ist munter und gelöst. Das Publikum begrüßt Peer Steinbrück mit tosendem Applaus. „Natürlich haben wir in den letzten Jahren viel erreicht, aber nicht so viel, dass wir die Hände in den Schoss legen könnten“, beginnt der Kanzlerkandidat seine Rede. Sein Eindruck sei, dass sich Deutschland mit der schwarz-gelben Bundesregierung in einer Biedermeieridylle der 50er Jahre befinde, in der nur eine bestimmte bürgerliche Schicht festlege, was erlaubt sei.
„Die Menschen sind weiter als diese Bundesregierung“
„Dagegen wollen wir angehen. Die Menschen sind mit ihrer Einstellung schon deutlich weiter als diese Bundesregierung. Im 21. Jahrhundert gibt es vielfältige Lebens- und Familienentwürfe, nicht nur das klassische Familienbild der CDU/CSU“, führt Steinbrück aus. Die Bundesregierung sei vom Bundesverfassungsgericht bereits sechsmal daraufhingewiesen worden, dass sie sich in Punkto Gleichstellungspolitik verfassungswidrig verhalte.
„Die Arbeit dieser Bundesregierung besteht nur darin, das Bundesverfassungsgericht die ganze Politik machen zu lassen. So wie die Bundesregierung gerade eine Niederlage bei der steuerlichen Gleichbehandlung eingetragener Lebenspartnerschaften einstecken musste, so werden sie in wenigen Wochen auch wieder eine Niederlage in Karlsruhe einstecken, wenn es um das Adoptionsrecht geht“, prognostiziert der Kanzlerkandidat.
Schwarz-Gelb lässt Karlsruhe entscheiden
Das Bundesverfassungsgericht mache derzeit die Gleichstellungspolitik in Deutschland. Dieser Zustand müsse abgeschafft werden, ruft Steinbrück dem Publikum zu: „Dafür ist der 22. September das perfekte Datum. 100 Prozent, echte Gleichstellung gibt es nur mit der SPD und nicht mit dieser Regierung!“
Missstände, die auch den Schwuso-Vorsitzenden Ansgar Dittmar ärgern: „Seit einigen Jahren regiert in Fragen der Gleichstellung nur noch Karlsruhe. Die Bundeskanzlerin hat sich zurückgelehnt und vertritt weiterhin den Standpunkt, dass Ehe und Lebenspartnerschaften ungleich zu behandeln sind. Das Bundesverfassungsgericht sagt aber, ‚falsch, Frau Bundeskanzlerin’ – ganze sechs Mal hat es das bereits getan!“
Würde ein Fußball-Trainer sechsmal hintereinander haushoch verlieren, dann würde man irgendwann die Trainerfrage stellen, so Dittmar – und stellt trocken fest: „Aber bei der dünnen Personaldecke der Union wird das wohl niemals passieren!“